Reinhard Leusing, Fachberater für Deutsch als Fremdsprache und Koordinator für das Lehrerentsendeprogramm: Ein wirklich großes Projekt!
Reinhard Leusing, geboren 1953 in Essen, arbeitete lange Zeit als Gymnasiallehrer in Bremen, bevor er ab den späten 1990er Jahren für die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen und das Goethe Institut tätig wurde. Nach Stationen in Georgien und Norwegen kam er 2004 nach Skopje und blieb fast acht Jahre im Land. Hier war er beim Aufbau der Sprachdiplomschulen aktiv, die es in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zuvor nicht gab. Seine Hauptaufgabe bestand darin, die schulische Arbeit so zu stärken, dass die entsprechenden Prüfungen abgenommen werden konnten.
„Mein Büro war in Skopje, aber nicht in der Botschaft, sondern im Bildungsministerium des Landes. In meiner Arbeit ging es darum, Schulen zu identifizieren, die bereit waren, Deutsch als erste Fremdsprache anzubieten. Ein wirklich großes Projekt! Diese Schulen habe ich gefunden, indem ich die Schulleitungen angesprochen habe, die Beamten im Bildungsministerium und letztlich die verantwortlichen Minister. Die Schulen mussten bereit sein, deutsche Lehrkräfte zu akzeptieren. Das hat auch viel mit Vertrauen zu tun.“
Die erste Sprachdiplomschule, die aufgebaut wurde, war das Josip Broz Tito Gymnasium in Skopje. Es folgten vier weitere Schulen. Durch das Lehrerentsendeprogramm kamen die Lehrkräfte aus Deutschland, wo Lehrerinnen und Lehrer frei angeworben wurden. Das Kulturabkommen der Länder hat es ermöglicht, in den Schulen des Partnerlandes tätig zu werden. Reinhard Leusing war dafür verantwortlich, die oft noch recht jungen Lehrkräfte einzusetzen und zu betreuen. Da das Deutsche Sprachdiplom die formale Voraussetzung für ausländische Studierende ist, um in Deutschland zu studieren, war das Diplom unter jungen Menschen im heutigen Nordmazedonien sehr beliebt. Die allererste Prüfung wäre jedoch fast ins Wasser gefallen.
„Um einen Austausch zu vermeiden, wird die Prüfung in allen Ländern der Balkanregion zeitgleich abgenommen. Unsere erste Sprachdiplom-Prüfung in Skopje fand damals an einem Montag statt. Ich hatte den Raum am Freitag vorbereitet, musste dann aber feststellen, dass am Wochenende eine Party in dem Prüfungsraum stattgefunden hatte. Das absolute Chaos, da war innerhalb von einer Stunde nichts zu machen. Zum Glück bekam ich aber recht schnell die Erlaubnis, die Schüler mit allen Materialien in den Konferenzraum der Botschaft zu holen und dort die Prüfung unter wirklich guten Bedingungen abzunehmen.“
Anders als in Deutschland werden die Schülerinnen und Schüler in Nordmazedonien viele Jahre lang zusammen in einem Klassenverband unterrichtet. Das stellt für Leusing einen klaren Vorteil dar. Ebenso betont er, dass die Deutschklassen immer sehr kreativ und produktiv waren. Immer wieder kam es zu Ausstellungen, Literatur- und Musikveranstaltungen. Die Beziehungen zur deutschen Botschaft waren sehr gut, die Amtswege kurz, so dass viele Projekte finanziert werden konnten. Dieses Engagement habe ich gelohnt, was man an den vielen Erfolgsgeschichten ablesen könne.
„Besonders stolz bin ich darauf, wenn ehemalige Schülerinnen und Schüler später von sich reden machen. Das war bereits in Georgien der Fall, dort hat die mittlerweile international bekannte Autorin Nino Haratischwili das Sprachdiplom bei uns absolviert. Solche Fälle gab es auch in Nordmazedonien, z. B. Mirna Kjorveziroska, die schon damals auffällig begabt war. Sie hat innerhalb weniger Jahre wahnsinnig gut Deutsch gelernt, quasi auf Muttersprachniveau. Sie wollte nach Deutschland, um dort zu studieren, und hat über uns ein Stipendium vom DAAD erhalten. Solche Stipendien sind sehr lukrativ, sind aber auch mit vielen Nachweisen und sehr viel Druck verbunden. Und diese junge Frau ist heute, nach ihrer Promotion in Mainz, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bonn im Bereich der Germanistischen Mediävistik. Und sowas erfreut mich natürlich sehr, ist doch genial!“