Benjamin Langer

Benjamin Langer, Übersetzer: „Glücklich bin ich mit all meinen Übersetzungen“

Benjamin Langer, Jahrgang 1976, promovierte in deutscher Philologie und ist Mitarbeiter der Abteilung Internationales an der Freien Universität Berlin. Zwischen 2005 und 2009 war er Lektor an der Universität Skopje, zunächst über das Mittel- und Osteuropaprogramm der Robert Bosch Stiftung, im Anschluss für den DAAD. Benjamin Langer zählt zu den renommiertesten Übersetzern aus dem Mazedonischen ins Deutsche und wurde 2017 für seine literarischen Übersetzungen von der Mazedonischen Akademie der Wissenschaften und Künste mit dem Blaže-Koneski-Preis ausgezeichnet. Nach Skopje kam er jedoch eher über Umwege:

„Ich habe während meines Studiums ein Jahr in Budapest verbracht und Ungarisch gelernt. Da ich einige ungarischsprachige Freunde in Rumänien hatte, wollte ich zunächst ins ungarisch-rumänische Grenzgebiet, nach Oradea. Da hätte ich dann gleich beide Sprachen gehabt. Die Bosch Stiftung sah mich jedoch eher in Südosteuropa, in Skopje sollte ein neues Lektorat eingerichtet werden. Über Mazedonien wusste ich damals gar nicht so viel. Es gab nur sehr wenig Literatur. Zudem unterschieden sich die Informationen und Sichtweisen auch dahingehend, woher sie kamen. Das war alles recht spannend und aufregend. Und dann bin ich über Rumänien – wo ich auf einer Hochzeit eingeladen war – mit einem 20 Jahre alten Auto, das ich mir extra zu dem Zweck gekauft hatte, nach Skopje gefahren. Das war mein erster Wagen, der natürlich ständig kaputtgegangen ist.“

Seine Tätigkeiten in Skopje umfassten die Stipendienberatung und -auswahl, die Betreuung von Messeauftritten, Werbung für den Hochschulstandort Deutschland sowie Lehrveranstaltungen an der Germanistik der Universität Skopje. Zudem verfolgte er zahlreiche Projekte mit den Studierenden, gab Kurse im Bereich kreatives Schreiben und leitete eine Theatergruppe. Und nicht zuletzt lernte er während seiner Zeit in Nordmazedonien seine heutige Ehefrau kennen.

„Wir sind dann zusammengekommen, als sie nach Deutschland gegangen war, um erneut zu studieren. Nach einer zweijährigen Fernbeziehung haben wir beschlossen zu heiraten, was sich jedoch als recht schwierig erwies. Für die standesamtliche Trauung in Deutschland benötigten wir ein Ehefähigkeitszeugnis, das uns die mazedonischen Behörden nicht in der gewünschten Form ausstellen konnten. Durch ein Missverständnis stellte sich erst sehr kurz vor der Trauung heraus, dass wir deshalb eigentlich gar nicht heiraten durften. Aber zum Glück fand der zuständige Richter doch noch einen Weg zu unseren Gunsten. Ein knappes Jahr darauf sollte die kirchliche Trauung in Mazedonien stattfinden, verbunden mit einer großen Party. Wir hatten dort einen Pfarrer gefunden, der das gern übernommen hätte. Doch kurz vorm Termin übernahm ein Kollege, für den es sehr wohl ein Problem darstellte, dass ich nicht mazedonisch-orthodox bin. Somit drohte auch diese Trauung ins Wasser zu fallen, aber schließlich wurde auch hier noch eine Lösung gefunden. Das war alles sehr nervenzehrend, aber umso mehr schätzen wir unsere Ehe.“

Mit dem Erlernen der mazedonischen Sprache begann Benjamin Langer gleich bei Antritt seiner Lektorenstelle in Skopje. Als er in seinem vierten Jahr im Land gefragt wurde, ob er an der Universität auch Übersetzungsübungen anbieten würde, war er zunächst zögerlich, da er sein Mazedonisch als nicht gut genug empfand. Schließlich hat er es jedoch probiert und viel Freude an dieser Tätigkeit empfunden. So begann er selbst mit dem Übersetzen. Insbesondere widmete er sich damals Erzählungen von Vlada Urošević, zunächst nur mit dem Gedanken, diese Texte Freunden zugänglich machen. Als dann aber das Netzwerk TRADUKI in Erwägung zog, den Autor zur Leipziger Buchmesse einzuladen, waren Benjamin Langers Übersetzungen plötzlich gefragt. So sei er immer tiefer in die Sache reingeraten, wie er sagt. Mittlerweile hat er sieben Bücher und zahlreiche kürzere Texte ins Deutsche übersetzt. Gefragt nach den für ihn wichtigsten Veröffentlichungen, möchte er drei Publikationen nennen:

„Ich bin eigentlich mit all meinen Büchern glücklich. Besonders wichtig für mich war jedoch Meine Cousine Emilia von Vlada Urošević. Er war der erste Autor, den ich übersetzt und Verlagen vorgeschlagen habe, und dann fand sich tatsächlich ein sehr guter Verlag – erschienen ist es bei dtv Premium –, und das Buch wurde auch noch ganz hervorragend und sehr vielfältig besprochen! Elke Schmitter hat damals im Spiegel sogar ein Porträt über den Autor veröffentlicht. Dafür waren wir zusammen nach Skopje gereist, um Urošević zu treffen. Nennen möchte ich natürlich auch die Quecke von Petre M. Andreevski, erschienen im Guggolz Verlag. Im Buch gibt es viele Wörter, die nicht mehr gebräuchlich oder dialektal sind und in keinem Wörterbuch stehen. Ich hatte Unterstützung von Sohn und Enkel des Autors, denen ich immer wieder Wörterlisten geschickt habe. Wenn sie mir selbst nicht weiterhelfen konnten, befragten sie in Andreevskis Herkunftsdorf die alten Leute. Das war sehr spannend und hat Spaß gemacht. So ging es mir auch beim dritten Titel, dem Erzählband Mein Mann von Rumena Bužarovska, der bei Suhrkamp erschienen ist. Der spezifische Tonfall und schonungslose Witz dieser Berichte zorniger weiblicher Erzählerstimmen, das waren schon auch Herausforderungen, aber es gab einen tollen Austausch mit Autorin und Lektorin. Dass die Zusammenarbeit mit den Verlagen sich wunderbar gestaltete und es zahlreiche sehr schöne Besprechungen gab, gilt übrigens für alle genannten Bücher. Ich habe da bisher viel Glück gehabt.“

 

Photo-Credit: Efi Longinou