Roland Schmieger

Roland Schmieger, Dolmetscher und Übersetzer: „Der Präsident hat gar nicht damit gerechnet, dass man ihm auf Makedonisch antworten würde.“

Roland Schmieger, geboren 1965 in Berlin, studierte Slawistik in München, Wien und Skopje und promovierte mit einer Arbeit zur mazedonischen Dialektologie. Im Jahr 1992 trat er als Dolmetscher und Übersetzer für Bulgarisch und Mazedonisch in den Sprachendienst des Auswärtigen Amts ein und war insgesamt 13 Jahre an der Deutschen Botschaft in Sofia tätig. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Nina Dimitrova-Schmieger veröffentlichte er im Jahr 2015 das vier Bände umfassende Großwörterbuch Deutsch – Makedonisch, das umfangreichste seiner Art. Bis ins Jahr 2017 hat Roland Schmieger aktiv gedolmetscht und übersetzt, dann wurde er in Berlin Leiter des Dolmetschdiensts des Auswärtigen Amts. Seit etwas mehr als zwei Jahren leitet er den gesamten Sprachendienst der Behörde. Sein Interesse für die slawischen Sprachen entwickelte sich schon früh.

„In meiner Kindheit in den 1970er Jahren war ich erstmals durch Urlaubsreisen in Jugoslawien, damals an der kroatischen Küste. Die Sprache hat mich sehr fasziniert und nie wieder losgelassen. Wesentlich später, in den letzten Gymnasialklassen, gab es das Angebot, Russisch zu lernen, das ich mit großer Begeisterung angenommen habe. Zu dieser Zeit ist der Wunsch in mir entstanden, Slawistik zu studieren. Ich habe gleichzeitig auch Griechisch gelernt und war damals auf einer Sommeruniversität in Thessaloniki. Im Anschluss bin ich an die Prespaseen gefahren. Dort habe ich festgestellt, dass es ganze Dörfer gab, in denen fast kein muttersprachliches Griechisch gesprochen wurde, sondern nur Makedonisch. In meiner Gruppe auf der Sommeruniversität war auch jemand aus Skopje gewesen, den ich darum gebeten hatte, mir ein Lehrbuch und ein Wörterbuch nach Deutschland zu schicken. Damit habe ich dann zunächst im Selbststudium Makedonisch gelernt.“

Seine Sprachkenntnisse vertiefte Roland Schmieger während seines Studiums der Slawistik sowie durch ein Austauschjahr in Skopje. Ab dem Jahr 1992 arbeitete er parallel zu seiner Promotion als Dolmetscher im Sprachendienst des Auswärtigen Amts. Primär war er für Bulgarisch eingestellt worden. Da er jedoch auch Mazedonisch beherrschte und das Land damals gerade unabhängig geworden war, hatte er die große Ehre, das erste offizielle hochrangige politische Gespräch zwischen Deutschland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zu dolmetschen: ein Telefonat zwischen dem deutschen Kanzler Helmut Kohl und dem mazedonischen Präsidenten Kiro Gligorov. Der Präsident sei ganz erstaunt gewesen, dass ihm nicht auf Serbokroatisch, sondern auf Mazedonisch geantwortet wurde.

„Im Jahr 1999 begleitete ich Gligorov auch auf seinem Staatsbesuch in Deutschland. Zunächst waren wir in Berlin für die eigentlichen politischen Gespräche, dann ging es weiter nach Düsseldorf, wo wir den bereits gewählten Bundespräsidenten Johannes Rau treffen wollten. Gligorov war in Bonn in einem Hotel auf dem Petersberg untergebracht. Von allen Seiten wurde ihm gesagt, er solle doch unbedingt auf die Terrasse hinausgehen, um die herrliche Aussicht aufs Rheintal zu genießen. Dabei verpasste er jedoch eine Stufe, stolperte und stürzte so unglücklich, dass er sich einen offenen Bruch zweier Finger zuzog. Ich war an dem Tag ständig im Einsatz gewesen und hatte noch nichts gegessen, musste aber mit dem Präsidenten ins Krankenhaus, um die Gespräche mit den Ärzten zu dolmetschen. Die herausragenden Knochenenden wurden wieder in Position gebracht, die Sehnen mit der Pinzette zurechtgezupft. So weit erinnere ich mich. Und als der Präsident dann endlich versorgt war, wachte ich im Nebenzimmer wieder aus der Ohnmacht auf.“

Im Laufe seiner Tätigkeit als Dolmetscher und Übersetzer musste Roland Schmieger viel recherchieren und sich in unterschiedlichste Themen einarbeiten. Irgendwann hat er beschlossen, dieses Wissen gemeinsam mit seiner Frau zusammenzutragen und ein deutsch-mazedonisches Wörterbuch zu verfassen. Dieses „Nebenprodukt“ seiner alltäglichen Arbeit entpuppte sich als viel größeres Projekt, als zunächst geplant war.

„Wir haben insgesamt etwa 20 Jahre daran gearbeitet und es ist dann letztendlich ein vierbändiges großes Werk geworden. Es gab zuvor nur ein kleines Wörterbuch aus jugoslawischer Zeit und während unserer Arbeit erschien dann noch ein etwas umfangreicheres Buch von Peter Rau und Ranka Grčeva. Wir haben im Jahr 1995 mit dem Projekt begonnen, erschienen sind die Bände dann 2015. Womit man sich in der Freizeit eben so beschäftigt!“